Mühlenmuseum
Die Wassermühle am Schloß Gartrop
An der Zufahrt zum Schloß Gartrop liegt an der rechten Seite die alte Schloß-Wassermühle. Aus alten Urkunden weiß man wenig über die Wassermühle in Gartrop. Sie gehörte immer zum Besitz der adeligen Herrschaft und lag innerhalb der Schloßfreiheit, wo sich auch die Häuser des Gesindes befanden (zwischen Schloßgraben und Mühlenbach). Die Gesindehäuser wurden 1850/70 abgerissen und an anderer Stelle neu erbaut. Die Mühle blieb erhalten. Wenn sich die Akten auch über den Ursprung ausschweigen, so lässt sich am Gebäude selbst ablesen, dass die Mühle eine bewegte Geschichte gehabt hat. An den unterschiedlichen Baumaterialien erkennt man, dass das Gebäude mehrfach zerstört und wieder aufgebaut wurde. Ältester Teil ist die Südwand am Mühlrad mit mächtigen Steinquadern. Es sind graue und goldgelbe Würfel, die mit den Ziegeln zusammen eine reizvolle Farbsinfonie ergeben. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich um behauene Quarzite handelt, die damals noch in größerer Anzahl im Hünxer Wald und auf der Heide herumlagen und billiges Baumaterial waren. Ein eindrucksvoller Rest sind die Teufelssteine.
Prof. Dr. Günter schätzt, dass die Mühle in den ältesten Bauteilen aus dem 15. Jahrhundert stammt. Das übrige Ziegelmauerwerk ist teils aus dem 18. Jahrhundert, teils aus dem frühen 19. Jahrhundert. An der Mühle wurde mindestens fünfmal um- und angebaut. Der Gartroper Mühlenbach - er kommt aus dem Gartroper Busch und fließt in die Lippe - trieb das eichene Mühlrad an. Es ist eine "unterschlächtige" Mühle. Das Wasser treibt von unten her das Rad. Wer als Müller in den vergangenen Jahrhunderten in der Mühle gewirkt hat, konnte bisher nur in Teilbereichen ermittelt werden: in alten Urkunden des Schloss-Archives Gartrop wird erwähnt, dass 1773 Karl Wilhelm Reichfreiherr von Quadt und Hüchtenbruck (damaliger Besitzer des Schlosses) einem Müller Wilhelm Wynck aus Gahlen die Wassermühle zu Gartrop auf 6 Jahre verpachtete und von 1800 bis 1859 Heinrich Spickerhoff aus Gartrop die Mühle pachtete. Danach war bis 1868 Bernhard Schwanen aus Krudenburg Müller in Gartrop. Bis 1876 hieß der Müller Bernhard Kobes (aus Hünxe). Aus Erinnerungen von Gartroper Bürgern ist bekannt, dass ab 1876 der Müller Emaus in Gartrop wirkte und im Jahre 1900 Johann Kemper aus Wesel der Meister war, der das Mühlwerk in Gang setzte und die Schotten hochzog, wenn er mehr Wasser brauchte. 1936 wurde Wilhelm Lohmann der Müllermeister. Er hat das Handwerk bei seinem Onkel Johann gelernt. 1955 ist der Wasserbetrieb der Mühle eingestellt worden. Mit elektrischer Kraft ging es dann noch bis 1968 weiter, dann war endgültig Schluss mit der Mühlen-Herrlichkeit. Neben der Kornmahltätigkeit soll mit dem Wasserrad im 18. Jh. auch eine Walk- oder Bokemühle zur Flachsbearbeitung angetrieben worden sein. Auch wurde ab 1909 bis in die 50.Jahre mit einem Generator das Schloss mit Strom versorgt.
„Als gut erhaltenes technisches Kulturgut ist die Mühle innen wie außen noch intakt und das Mahlwerk könnte jederzeit in Gang gesetzt werden.“ So schrieb 1981 der Dinslakener Heimatforscher Willi Dittgen in „Mühlen unserer Heimat“ Mühle Nr. 104 (Rheinischer Mühlenverband e.V.). Gebäude, Wasserhaltung und Mühlrad unter hohen Bäumen machen die Mühle zu einem technischen Denkmal mit eindrucksvoller Ausstrahlung, wie sie nur noch wenige Wassermühlen besitzen“, schreibt Autor GÜNTER 1982 in „Denkmäler des Rheinlandes – Kreis Dinslaken „.
Leider hat seit dem auch an dieser Wassermühle der Zahn der Zeit genagt. Im Außenbereich haben Witterung und Feuchtigkeit das Mühlrad und die Mühlenwehranlage stark beschädigt, genauso ist im Innenbereich der Holzwurm nicht untätig gewesen. Da es sich hier, wie früher schon erwähnt, um ein besonderes technisches Kulturgut handelt, was in seiner Gesamtheit und vollständigen Funktionsfähigkeit heute kaum noch anzutreffen ist, hat sich der Heimatverein Hünxe in Verbindung mit der Gemeinde Hünxe dafür eingesetzt, diese wohl einmalige Mühle zu erhalten, ja sogar bis zu ihrer vollständigen Funktionsfähigkeit instand zu setzen und zu restaurieren. Die ersten Bemühungen begannen schon 1985, scheiterten aber immer wieder an finanziellen Problemen.
Das LEADER-Programm – ein Förderprogramm der europäischen Union – schaffte dann die Grundlage für einen neuen Anlauf.
Mit Unterstützung der Gemeinde Hünxe konnte 2008 ein Antrag auf Förderung der zwischenzeitlich ermittelten Gesamtkosten gestellt werden. Durch die Förderzusage der Bezirksregierung Düsseldorf im Mai 2014 in Verbindung mit einer namhaften finanziellen Unterstützung der NRW Kulturstiftung, sowie Hilfe der Gemeinde Hünxe und weiteren privaten Spendern wurde die Voraussetzung für die Durchführung der Sanierungsmaßnahme geschaffen. Eine weitere wichtige Voraussetzung war die hervorragende Kooperation mit dem Eigentümer der Objektes „Wassermühle“, den Eheleuten Freiherr Egbert und Christel von Nagell, die die Wassermühle dem Heimatverein in einem langfristigen Nutzungsvertrag zur Verfügung stellen.
Mitte 2014 ging es dann ans Werk. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen Architekt, Unternehmer, Gemeinde und dem unermüdlichen Einsatz des Heimatverein, sind die zu erledigenden umfangreichen Arbeiten (wie z B. Erneuerung des Mühlenwehres und des Wasserrades mit Radachse, Absperrgeländer, Überarbeitung des Mühlenantriebes und des Mahlganges im Inneren, Ausbesserungsarbeiten am Mauerwerk, Erneuerung des Innenputzes, Brandschutzmaßnahmen, stabilisierende statische Holzbaumaßnahmen, Anstrich) nun fertig gestellt.
Der Heimatverein macht nun die Wassermühle nach der Restaurierung als Museum der Öffentlichkeit durch Führungen und Aktionstage zugänglich. Insbesondere Schulklassen sollen die Möglichkeit haben, durch die Mühle geführt zu werden.
Eine begleitente Ausstellung erläutert mit vielen interessanten Bildern die Historie, die Funktion der Mühle sowie eine Dokumentation der Arbeiten vor und nach der Renovierung. Auch der Weg „Vom Korn zum Brot – früher und heute“ wird mit vielen Abbildungen dargestellt. Durch die Wiederherstellung der Funktion des Mahlwerkes und Wasserrades können diese Vorgänge auch vorgeführt werden.
Historisches über die Mühle in Zahlen
Eigentümer der Mühle
1337 Burgherr Ritter Hendric de Gartrdape
1400 Familie Hüchtenbrock
1716 Familie von Quadt zu Wickradt
1805 Familie Baron Freiherr von Nagell - bis heute
Müller
Bis 1773 ?
1773 – 1779 Wilhelm Wynck (Gahlen)
1779 - 1800 ?
1800 – 1859 Heinrich Spickerhoff (Gartrop)
1959 – 1868 Bernhard Schwane (n) (Krudenburg?)
1868 – 1876 Bernhard Kobes (Hünxe?)
1876 – 1900 (Vorname ?) Emaus (woher?)
1900 – 1936 Johann Kemper (Wesel)
1936 – 1968 Wilhelm Lohmann (Gartrop)
Bauliches
15. Jahrh. Ältester Teil – Südwand aus mächtigen Sandsteinquadern (behauene Quarzite)
18. Jahrh. Westseite in Backstein
1810 wurde Mühle stark beschädigt oder zerstört? Warum ?
1811 Wiederaufbau, Planung eines zweiten Malganges wurde nicht verwirklicht
1840 Dreiseitiger Anbau (Erker), gleichzeitig nach Norden erweitert mit abgeschlepptem Dach (jetzige Wohnung)
1890 Erneuerung des hölzernen Wasserrades und Ersatz durch ein Stahlrad, gebaut von der Fa. Thyssen-Krupp. Vermutlich wurden auch gleichzeitig im Rahmen der Vorbereitung einer eigenen Stromerzeugung für das Schloß durch Einbau einer Transmission, verschiedene Antriebe, wie Königswelle und Stock- od. Korbrad aus Holz durch Stahlkonstruktionen erneuert bzw. ersetzt
1909 Einbau eines Stromgenerators zur Stromerzeugung (110 V Gleichstrom) für das Schloß Gartrop - Antrieb durch Wasserkraft oder alternativ in Trockenzeiten durch einen gleichzeitig neu eingebauten Benzol Motor der Fa. Gas-Motorenwerke Deutz. Der erzeugte Strom wurde in großen Batterien gespeichert. Das gesamte elektrische Netzwerk hat Stotz & Cie Mannheim installiert.
1973 Abbruch des alten, marode gewordenen eisernen Wasserrades und Überarbeitung der Radwelle
1974 Abbruch der alten Wehranlagen und Erneuerung der Fundamentbauwerke sowie
1975 Erneuerung der Wehranlagen und des Wasserrades in Eiche
1981 Erneuerung der Wasserradachse in Eiche
2012 Antrag des Heimatvereins (HV) auf Zuschuss an die LEADER-Region wegen Renovierung der Mühle
2013 Antrag des HV auf Zuschuss an die Kulturstiftung NRW wegen Renovierung der Mühle
2014 Bewilligung der Zuschüsse und Beginn der Renovierungsarbeiten
2015 Renovierung - Umfang:
a) außen
Erneuerung Wehranlagen (Gebälk in Eiche, Schleusentore in Bongossi), Wasserrad und Wasserradwelle (in Bongossi), Ausbesserung des Wehrgefällebodens, Überarbeitung der Türen und Blendläden, sowie deren Anstrich
b) innen
EG – Motorenraum:
Anbringen einer Brandschutzwand zwischen Wohnung und Mühle,
Reinigen der Transmission, Überholung des AEG Motors u. Inbetriebsetzung
Ausbesserung Innenputz, Innenanstrich, Elektroinstallation komplett neu, Wasseranschluss
EG – Mühlenraum
Reinigung und Überholung aller Holz- und Metallteile, neue Holzzähne in Kammrad und Kegelrad, Mehlschütte und Steuerung für Kornrutsche erneuert,
div. Stahlgetriebe gangbar gemacht, Mauerwerk überholt, Innenputz neu,
Steinpflasterung unter Kammrad, Türen gestrichen, Innenanstrich
OG - Mahlgang kompl. überholt, Mauerwerk überholt, Innenputz kompl., Anstrich, Fussboden ausgebessert, neues Treppengeländer
DG - kompl Dachstuhl gereinigt und in Teilbereichen statisch gefestigt, Sackaufzug überholt und gangbar gemacht, Geländer angebracht, Mauerwerk überholt, östl. Gibel gereinigt und gestrichen, Kamin gestrichen
Mühlenbetrieb
Anfänge nicht bekannt, möglicherweise neben Kornmühle früher auch Öl-, Walk- oder Bokemühle, sowie Weberei (Webermühle?)
1955 Ende des wasserbetriebenen Mühlenbetriebes –
nur noch Antrieb mit Elektromotor AEG 12 KW
1968 Ende des Mühlenbetriebes